Spätestens seit der Covid-Pandemie ist die PCR-Analyse auch dem biologischen Laien ein Begriff. Nur wenige wussten jedoch, dass dieses molekularbiologische Werkzeug bereits einige Jahrzehnte zuvor in der Pflanzenzüchtung eingesetzt wurde.
Gewebeprobenentnahme als Ausgangspunkt
Das Verfahren, das einer genetischen Analyse mittels PCR in jedem Fall vorausgehen muss, ist unabhängig vom zu züchtenden Objekt (Pflanze oder Mensch) gleich. Es muss eine Gewebeprobe entnommen werden, aus der DNA extrahiert wird, die dann für die Analyse verwendet werden kann.
Automatisierte Probenentnahme und starke Pflanzen nach der Beprobung
In der konventionellen Pflanzenzüchtung ist die DNA-Extraktion aus Blattgewebe oder Samen ein Routineverfahren. Die Entnahme einer Gewebeprobe aus einem Blatt ist jedoch ein zeitaufwändiger manueller Schritt, der zu Engpässen und Verzögerungen im gesamten Arbeitsablauf führen kann. Auch automatisierte Lösungen durch Roboter können dieses Problem nicht lösen, da auch sie auf der Manipulation einzelner Pflanzen beruhen. Zudem ist die Verfügbarkeit von ausreichend Blattmaterial stark von den Kultivierungsbedingungen abhängig. So muss zum Teil lange auf ausreichend Blattmasse gewartet werden, bis eine Gewebeentnahme die Pflanze nicht zu sehr stresst.
Bei Saatgut ist die Probenvorbereitung an sich nicht kompliziert. Die zu untersuchenden Körner können mit verschiedenen auf dem Markt erhältlichen Systemen in die Laborplatten überführt werden. Bei der DNA-Extraktion wird das Korn jedoch zerstört und steht für eine entsprechende Kultivierung der Pflanze nicht mehr zur Verfügung. Somit können mit diesem Gewebe nur stichprobenartige Reinheitsuntersuchungen durchgeführt werden.
SMARTtray® löst durch die Verwendung der Wurzel als Ausgangsgewebe genau diese Probleme der herkömmlichen Verfahren. Durch die Funktionen des SMARTtray®- Devices werden 96 Wurzeln und damit Pflanzen in einem Schritt beprobt und die Einzelpflanzenmanipulation entfällt vollständig. Die reine Probenahmezeit kann dadurch um bis zu 90% reduziert werden.
Die Pflanzen werden durch das Schneiden der Wurzeln nicht nachhaltig gestresst und zeigen eine Überlebensrate von 99,9%. Vielmehr ist ein positiver Nebeneffekt zu beobachten. So führt die Entnahmemethode dazu, dass die Pflanze anschließend vermehrt Seitenwurzeln bildet. Dieser Pikiereffekt macht die SMARTtray®-Pflanzen widerstandsfähiger als bei konventioneller Kultur.
Weniger Inhibitoren für die Analyseverfahren
Der Erfolg jeder Züchtung hängt von der Qualität der Genotypisierungsergebnisse ab. Sowohl für die markergestützte Selektion (MAS) als auch für die Genotypisierung durch Sequenzierung ist eine ausreichende Menge an DNA erforderlich. Neben der Menge ist aber vor allem die Qualität entscheidend. Bei der DNA-Extraktion aus Blattmaterial können Sekundärmetabolite wie Chlorophyll die PCR im weiteren Prozess inhibieren. Bei der Extraktion aus Saatgut treten vermehrt Probleme bei stärkehaltigen Kulturarten auf. Bei der Extraktion von Ölsaaten kann zusätzlich das durch den Zellaufschluss freigesetzte Öl die Lyse stören.
Die Wurzel hingegen ist kein Speichergewebe und daher arm an potentiellen Inhibitoren. Bei näherer Betrachtung der Wurzelphysiologie kommen weitere Faktoren zum Tragen, die die Wurzel zu einem idealen Gewebe für den Einsatz im Züchtungsprozess machen.
Die reine Zelldichte in der Wurzel ist so hoch wie in keinem anderen Pflanzenorgan. Zudem besteht gerade die Wurzelspitze aus meristematischen Zellen, die sich schnell teilen. Im Zellkern befindet sich bekanntlich die DNA. Durch die große Anzahl kleiner, frischer Zellen erhöht sich somit auch die Menge der potentiell zu extrahierenden DNA und ist deutlich höher als im Parenchymgewebe des Blattes.
Um zudem möglichst früh möglichst viel Wurzelmasse zu generieren, nutzt SMARTtray® die Eigenschaft der Wurzel, sehr gut durch bestimmte Lichtverhältnisse gesteuert werden zu können, besser als z.B. die Blattmasse. Die in der SMARTtray® Anzuchtstation integrierten LEDs ermöglichen eine dynamische Anpassung der Lichtintensität und -zusammensetzung, so dass die Pflanze zu jedem Zeitpunkt ideale Bedingungen vorfindet, um gut zu keimen, dann viel Wurzelmasse zu bilden und nach der Entnahme bereits angeregt wird, die generative Phase einzuleiten.
Das richtige Extraktionsverfahren für die gewünschte Anwendung
Die Umstellung auf die Extraktion aus Wurzelgewebe stellt den Anwender nicht vor neue Herausforderungen. Bestehende Prozesse im Pflanzenzuchtbetrieb lassen sich 1:1 auf das neue Gewebe übertragen und können sogar vereinfacht oder qualitativ verbessert werden. Darüber hinaus verfolgt SMARTtray® den Ansatz, den Kunden bei der Auswahl des für seine Anwendungen am besten geeigneten Verfahrens zu unterstützen. Hierzu arbeitet SMARTtray® mit global agierenden Partnern zusammen, um für die jeweilige Anwendung die richtige Extraktionsmethode anbieten zu können.
Ob markergestützte Selektion (MAS), Chip-Analyse oder Genotypisierung: Wer seine Wurzeln kennt, kann wachsen!